Nienburg im 19. Jahrhundert
Gedenktafel zum Andenken an Emanuel Bruno Quaet-Faslem, Bronze, 1904.© Museum Nienburg/Weser
Die gesellschaftlichen Umbrüche, die Europa am Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert erlebte, blieben auch für Nienburg nicht folgenlos: An die Epoche der Aufklärung und der Französischen Revolution schloss sich die Eroberung Europas durch die napoleonischen Truppen an. Im Zuge der französischen Besetzung kam der 1785 im flämischen Dendermonde geborene Emanuel Bruno Quaet-Faslem (1785-1851) nach Norddeutschland, um hier als Kanal- und Straßenbauingenieur zu wirken. Nach Napoleons Niederlage zogen die französischen Truppen 1813 ab, doch Quaet-Faslem blieb in seinem „adoptirten Vaterland", ließ sich in Nienburg nieder und erbaute 1821 hier in der Leinstraße diese klassizistische Villa als sein eignes Wohnhaus. Er bestimmte als Baumeister, Lehrer, kommunaler Politiker und engagierter Bürger maßgeblich die Entwicklung der Stadt an der Weser, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Herausforderungen der Modernisierung und Industrialisierung stellen musste.
So setzte sich Quaet-Faslem mit Weitblick für die Eisenbahnanbindung Nienburgs ein, förderte zahlreiche Wirtschaftsprojekte und engagierte sich für die Berufsausbildung insbesondere im Bauwesen. Die Ausstellung in der oberen Etage des Quaet-Faslem-Hauses zeichnet sein Leben und Werk nach und bettet diese in die ökonomische, politische, soziale und kulturelle Geschichte der Stadt Nienburg wie auch der europäischen Moderne ein.
Der Flur bietet dem Besucher eine Einführung in die Ausstellung und reißt die Themen des Rundgangs an.
Die beiden ersten Räume stellen Quaet-Faslems Aktivitäten für die Nienburger Freimaurerloge sowie die Realschule dar, die beide in seinem Haus beheimatet waren. Die 1831 gegründete Realschule, aus der später die Baufachschule hervorgegangen ist, leitet über zum Thema Klassizismus. Dieser wird am Beispiel des Quaet-Faslem-Hauses im Spiegelraum dargestellt, wobei der Raum selbst als Hauptexponat dient.
Der nächste Raum zeigt anhand exemplarischer Objekte aus der Museumssammlung die kunst- und kulturhistorische Strömung des Biedermeier. Auch wenn das Museum keine originalen Einrichtungsgegenstände aus dem Hause Quaet-Faslems besitzt, zeigt die Ausstellung zeittypische Möbel, Gemälde und andere Objekte aus dem Nienburger bzw. norddeutschen Raum.
Ein weiterer Raum thematisiert Nienburgs klassizistisches Erscheinungsbild, welches eng mit dem Architekten Quaet-Faslem verbunden ist.
Den Abschluss bildet das Präsidentenzimmer der Hoya-Diepholz'schen Landschaft. Dominiert wird der Raum von dem großen Sitzungstisch mit biedermeierlichem Gestühl und den Porträts aller ehemaliger Landschaftspräsidenten seit 1859/63. Textfahnen erläutern die Entstehung und die Aufgaben der Landschaft.
Quaet-Faslem war Freimaurer, ab 1823 stellte er der Nienburger Loge Georg zum silbernen Einhorn einen Saal als "Maurerhalle" zur Verfügung. Die Nordwand nimmt ein architektonisches Wandbild ein, das einige Zentimeter auf den Seitenwänden fortgesetzt ist, um die räumliche Illusion zu verstärken.© Museum Nienburg/Weser