Der Nienburger Maler Ernst Thoms
Kindheit in Nienburg (1898-1914)
Ernst August Heinrich Thoms kommt am 13. November 1898 in Nienburg zur Welt. Sein zeichnerisches Talent wird von seiner Großmutter früh erkannt und gefördert. Nach seinem Schulabschluss in der Bürgerschule am Schlossplatz beginnt er 1911 in Nienburg eine Malerlehre.
Eine Jugend im Ersten Weltkrieg (1914-1918)
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 bricht Thoms seine Malerlehre ab und meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst. In Flandern gerät er im Oktober desselben Jahres in englische Kriegsgefangenschaft. Während der fünfjährigen Gefangenschaft entstehen zahlreiche Zeichnungen und Aquarelle, die den Alltag im Lager festhalten.
"Im Lager", Gouache, 1917© Museum Nienburg/Weser
Auf dem Weg zum Maler (1919-1925)
Nach Ende des Krieges kehrt Thoms 1919 nach Nienburg zurück. An der Kunstgewerbeschule in Hannover nimmt er 1920 ein Studium auf, das er nach nur sechs Monaten wieder abbricht. Er bildet sich autodidaktisch fort und wird herausragendes Mitglied der Hannoverschen Gruppe der Neuen Sachlichkeit. Diese blickt mit einem klaren, nüchternen Blick auf die soziale Realität der Weimarer Republik. Ernst Thoms griff als Vertreter dieser Stilrichtung auf eine altmeisterliche Malweise zurück, die im lasierenden Auftrag der Ölfarbe den Malprozess unsichtbar macht. Seine klar ausgeleuchteten Porträts aus dieser Zeit, wie zum Beispiel „Meine Mutter" (1928), beeindrucken durch ihren Realismus. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich in dieser Zeit mit Gelegenheitsarbeiten, unter anderem als Bühnenmaler und Plakatgestalter.
"Meine Mutter", Öl auf Sperrholz, 1928© Museum Nienburg/Weser
Der künstlerische Durchbruch (1926-1933)
Die Kestner-Gesellschaft Hannover richtet Thoms 1926 seine erste Einzelausstellung aus. Sie findet große Beachtung und es folgen zahlreiche Aussteifungen im In- und Ausland. Ende der 1920er-Jahre konzentriert sich Thoms immer mehr auf Landschaftsdarstellungen, die im Umkreis von Nienburg sowie unter anderem auf Reisen nach Norderney, Belgien, Bornholm und Italien entstehen. Während er zunächst die Landschaftsansichten in einem Bild aus mehreren Blickwinkeln konstruiert kommt er spätestens in den 1930er-Jahren zu einer realistischen Darstellung mit atmosphärischer, beinahe schon lyrischer Lichtführung.
"Fischerdorf in Schweden", Mischtechnik, 1931© Museum Nienburg/Weser
Der Maler im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg (1933-1945)
Thoms wird 1933 Mitglied der Reichskammer der Bildenden Künste, um weiterhin als Künstler tätig sein zu können. Im Rahmen der Aktion Entartete Kunst werden 1937 diverse seiner Werke aus Museen beschlagnahmt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wird er für ein Jahr gegen seinen Willen als Wachmann für Transportzüge verpflichtet. Bei einem Bombenangriff 1943 werden sein Atelier, seine Wohnung und ein Großteil seines Werks zerstört. Er zieht mit Ehefrau Grete und Tochter Juliane für die nächsten Jahre in ein altes Bauernhaus nach Warmsen.
"Feldweg nach Warmsen", Aquarell, 1945© Museum Nienburg/Weser
Zurück in Hannover (ab 1950)
1950 kehrt Thoms mit seiner Familie nach Hannover zurück. In seinen Bildern greift er bereits in den 1920er-Jahren formulierte Motive, wie etwa Nienburger Ansichten, wieder auf, setzt sie aber mit einer veränderten Bildsprache um: Er erfasst die Gegenstände nun instinktiver, mit wenigen, kraftvoll gesetzten Pinselstrichen. Ende der 1960er-Jahre macht sich bei ihm ein Augenleiden bemerkbar, durch das seine Sehkraft über die Jahre hin immer schwächer wird. Trotzdem ist er unermüdlich künstlerisch tätig. Der Kunstverein Hannover ehrt ihn 1957 mit einer großen Retrospektive.
"Überschwemmung", Mischtechnik, 1959© Museum Nienburg/Weser
Späte Ehrungen (1964-1983)
Thoms wird 1964 das Große Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens 1. Klasse verliehen. Die Stadt Nienburg, die immer wieder Ausstellungen für ihn ausrichtet, verleiht ihm 1975 die Ehrenbürgerschaft. Trotz gesundheitlicher Beschwerden und stark eingeschränkter Sehkraft ist seine künstlerische Schaffenskraft bis zu seinem Tod am 11. Mai 1983 ungebrochen.