Was heute SMS und MMS über das Handy, Tweets auf Twitter, Nachrichten auf WhatsApp oder Messages auf Instagram sind, waren in der analogen Welt Ende des 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Bildpostkarten. Wie jedes andere Medium dienten sie häufig auch dazu, mehr oder weniger offen politische Botschaften, ethnische Vorurteile und rassistische Stereotype zu verbreiten. Am Beispiel antisemitischer Postkarten wird in der Ausstellung „abgestempelt“ deutlich, dass scheinbar harmlos daherkommende Alltagsstereotype häufig nicht nur die Grenzen des „guten Geschmacks“ übertreten, sondern auch in blanken Hass oder übelste Diffamierung ausarten können und somit alles andere als harmlos sind.
Der Berliner Sammler Wolfgang Haney hat fast 1.000 antisemitische Postkarten zusammengetragen, von denen eine Auswahl in der Wanderausstellung „abgestempelt“ dokumentiert ist. Die meisten stammen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Sie sind als historische Quellen zu verstehen, die als Gebrauchsgegenstände einen unmittelbaren Blick in die Welt des Alltags, geprägt durch Vorurteile und Diskriminierungen, ermöglichen.
Die Ausstellung verfolgt jedoch nicht nur das Ziel, etwas Vergangenes zu präsentieren. Vielmehr will sie Besucherinnen und Besucher über Motive und Bildsprachen aufklären, damit sie lernen, sowohl Antisemitismus als auch andere Formen diskriminierender Etikettierungen in der Gegenwart zu erkennen und zu deuten; denn nur wenn man in der Lage ist, Codes zu dechiffrieren und Symbole zu erschließen, kann man sich dagegen wehren.
Der Ausstellungsbesuch soll ermöglichen, die im privaten, halböffentlichen und öffentlichen Raum geführten Diskurse z. B. über „die“ Ausländer oder „den“ Islam reflektierter wahrnehmen zu können.
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