Die Stadt Nienburg ist mit der Kauffrau und Stifterin der Synagoge, Susanna Abraham, „Frauen-ORT" in Niedersachsen geworden. Stadt- und Kreisarchivarin Patricia Berger hat für die Auftaktveranstaltungen, in Zusammenarbeit mit dem Museum Nienburg, eine sehenswerte Ausstellung zum Leben und Wirken dieser herausragenden Frauenpersönlichkeit erarbeitet. Die Ausstellung ist im Fresenhof, Leinstraße 48, bis zum 20. Januar 2013 während der Öffnungszeiten zu sehen.
„Es brauchte einige Zeit von der Idee bis zur Realisierung. Jetzt sind wir froh, dass wir uns mit dem Prädikat „Frauen-ORT" schmücken dürfen, auch durch die finanzielle Unterstützung des Landschaftsverbandes
Weser-Hunte", freut sich Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Flora Auf dem Berge als Initiatorin. 17 niedersächsische Städte und Gemeinden warten aktuell mit ganz besonderen Frauenpersönlichkeiten auf. Als erste Stadt würdigt Nienburg eine Frau jüdischen Glaubens. Bereits im Jahr 2000 widmete Nienburg als erste Stadt der Bundesrepublik überhaupt einen Stein im Frauen-Gedenklabyrinth. Geehrt wurde auch damals Susanna Abraham.
„Es war eine Sisyphusarbeit, das Leben und Wirken Susanna Abrahams zu recherchieren, vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus ist vieles vernichtet und zerstört worden", erklärt Archivarin Berger. „So muss ich froh sein, dass Susanna Abraham den christlichen Händlern häufig Anlass zu Beschwerden gab, denn dadurch sind Quellen über Susanna Abraham erhalten. Es fehlt jedoch die gesamte Überlieferung aus Sicht der jüdischen Gemeinde."
Susanna Abraham entstammte einer alteingesessenen Nienburger Familie. Als zweitältestes von fünf Kindern der Eheleute Röschen und Joseph Heine wurde Sisge - so vermutlich ihr tatsächlicher Vorname - zwischen 1744 und 1746 in Nienburg geboren. Um 1765 heiratete Susanna Heine den aus Drakenburg stammenden Marcus Abraham. Nach dessen Tod 1792 führte sie mit Ende Vierzig den Ellenwarenhandel allein weiter, da sie keine Kinder hatte. Sie wurde zu einer äußerst erfolgreichen Kauffrau im Wirtschaftsleben der Stadt Nienburg. Mit ihrem Tod im Juni 1821 erlosch „eines der ersten hiesigen Handelshäuser". Susanna Abraham wurde rund 75 Jahre alt. Durch Vermächtnisse in ihrem Testament von 1817 hat sie den Bau der Nienburger Synagoge möglich gemacht. In ihrem Wohnhaus wurde die jüdische Schule eingerichtet.
„In wirklich spannender Weise vermittelt das Leben Susanna Abrahams Einsichten in die weibliche jüdische Existenz des 18./19. Jahrhunderts. Dabei hat ihre tatkräftige, couragierte Art, ihr taktisches Geschick, ihr ökonomischer Erfolg, ihre Individualität schon etwas Modernes", stellt die Archivarin fest.
Für Schulen bietet Patricia Berger Führungen nach vorheriger Absprache unter 05021-87235 oder e-Mail: p.berger@nienburg.de .
„FrauenORTE" Niedersachsen ist eine Initiative des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V., die Leben und Wirken bedeutender historischer Frauenpersönlichkeiten lebendig werden lässt und in der breiten Öffentlichkeit bekannt macht. Die Initiative will auch dazu beitragen, dass Frauengeschichte und Frauenkultur einen festen Platz im Spektrum kulturtouristischer Angebote erhalten. Näheres unter www.frauenorte-niedersachsen.de